Musik: Christoph Hamburger
Im Namen Gottes, der uns begegnet
als Vater, Sohn und Heilige Geistkraft. Amen.
Unsere Hilfe erwarten wir von Gott,
der Himmel und Erde gemacht hat.
Der Menschensohn muss erhöht werden,
auf dass alle, die an ihn glauben, das ewige Leben haben.
Rette mich, Gott! Das Wasser steht mir bis zum Hals.
Ich bin versunken in tiefem Schlamm
und finde keinen festen Grund.
In tiefes Wasser bin ich geraten. Eine Flutwelle spülte mich fort.
Erschöpft bin ich von meinem Schreien.
Meine Kehle ist schon heiser.
Meine Augen sind müde geworden,
so sehr hielt ich Ausschau nach meinem Gott.
Ich aber schicke mein Gebet zu dir, zu der Zeit, Herr, die dir gefällt:
Antworte mir, Gott, in deiner großen Güte,
zeig mir deine Treue und rette mich!
Ich aber fühle mich elend und leidend.
Deine Hilfe, Gott, wird mich aufrichten. Amen.
Jesus Christus, du unser König.
Wie ein König bist du in Jerusalem eingezogen.
Du willst auch bei uns einziehen.
Statt Palmzweigen legen wir dir unseren Mangel
und statt der Kleider unsere Sehnsucht vor die Füße.
Du Sanftmütiger, vergib uns,
denn wir vertrauen auf unsere selbstbewussten, starken Auftritte.
Du Gerechter, vergib uns,
denn wir vertrauen auf unsere harten Urteile.
Du Friedensbringer, vergib uns, denn wir vertrauen auf unsere Waffen.
Du Helfer, vergib uns, denn wir vertrauen auf unsere eigene Kraft.
Stille
Wir bitten dich: Zieh in unsere Herzen ein. Amen.
Jesus war in Betanien.
Er war zu Gast bei Simon, dem Aussätzigen.
Als er sich zum Essen niedergelassen hatte, kam eine Frau herein.
Sie hatte ein Fläschchen mit Salböl dabei.
Es war reines kostbares Nardenöl.
Sie brach das Fläschchen auf
und träufelte Jesus das Salböl auf den Kopf.
Einige ärgerten sich darüber und sagten zueinander:
»Wozu verschwendet sie das Salböl?
Das Salböl war über 300 Silberstücke wert.
Man hätte es verkaufen und das Geld den Armen geben können.«
Sie überschütteten die Frau mit Vorwürfen.
Aber Jesus sagte: »Lasst sie doch!
Warum macht ihr der Frau das Leben schwer?
Sie hat etwas Gutes an mir getan.
Es wird immer Arme bei euch geben,
und ihr könnt ihnen helfen, wann immer ihr wollt.
Aber mich habt ihr nicht für immer bei euch.
Die Frau hat getan, was sie konnte:
Sie hat meinen Körper im Voraus für mein Begräbnis gesalbt.
Amen, das sage ich euch:
Auf der ganzen Welt
wird man die Gute Nachricht von mir verkünden.
Dann wird man auch erzählen, was sie getan hat.
So wird man sich immer an sie erinnern.«
Ja, nicht nach allzu viel. Jedenfalls nicht in unserem Teil der christlichen Kirche, wo wir im Großen und Ganzen alle anderen Sinne gebrauchen, nur nicht den Geruchssinn, wenn wir Gottesdienst feiern. Unsere Augen und Ohren gebrauchen wir. Hier gibt es Musik und Worte und Bilder. Beim Abendmahl benutzen wir den Geschmackssinn, und wenn wir um den silbernen Kelch greifen oder wenn ein Mensch getauft wird und das Wasser über seinen Kopf gegossen wird, wird unser Gefühlssinn aktiviert – auch bei Segenshandlungen.
Aber die Nase halten wir meist zurück, wenn wir Evangelischen hier zu Lande in der Kirche sind. Weihrauch und ähnliches, deren sich andere christliche Gemeinschaften bedienen, ist kein Teil unserer Form des Gottesdienstes. Ein wenig Aroma von Wein oder Saft beim Abendmahl, aber das ist es auch im Großen und Ganzen.
Eine solche geruchsfreie Religion passt ja sehr gut in die heutige Zeit, wo es Leute gibt, die meinen, man sollte die Religion aus dem öffentlichen Raum heraushalten. …
Denn wenn es überhaupt etwas gibt, was aufdringlich und öffentlich ist, dann sind es Gerüche. Man kann etwas übersehen oder überhören, nicht aber „überriechen“. Der Geruch ist da und arbeitet sich seinen Weg in unsere Nase. Wir können uns die Nase zuhalten, aber dann müssen wir durch den Mund atmen und der Geruch wird zum Geschmack. Wenn einem etwas unter die Nase gerieben wird, ist es da. Kopftücher und Kreuze in der Öffentlichkeit kann man verbieten. Aber für Gerüche kann man nicht so einfach Grenzen setzen.
Deshalb ist es eine Frau mit einem äußerst aufdringlichen Benehmen, der wir im heutigen Evangelium begegnen. Sie hält ihren Glauben nicht im Rahmen des Hausfriedens und also außerhalb der Öffentlichkeit. Nein, denn ihren Glauben kann man von weitem riechen. Und er duftet nach Nardenöl.
Nardenöl ist ein Parfum. Das allerfeinste Parfum, das es in neutestamentlicher Zeit überhaupt gibt. Es hat einen königlichen Duft, denn Nardenöl verwendet man, wenn man einen neuen König zu salben hat.
Der Glaube der Frau an Jesus riecht also danach, dass sie glaubt, er sei König.
Aber er duftet auch nach etwas Anderem. Denn Nardenöl verwendet man nicht nur für königliche Salbungen. Es wird auch von der Braut am Hochzeitstag verwendet. Sie braucht es nicht für sich, sondern für ihren Bräutigam. Nardenöl ist auch das Öl, das junge, unverheiratete Mädchen jener Zeit in Krügen sammeln – als eine Art Aussteuer. Denn mit dem angenehm duftenden Öl werden sie vor der Hochzeitsnacht ihren Bräutigam salben. Wenn eine Frau einen Mann mit Nardenöl salbt, ist das mit anderen Worten ein normalerweise recht privater Teil eines Hochzeitsrituals.
Nardenöl hat einen starken und durchdringenden Duft von Liebe und Hingabe.
Deshalb ist es ein ziemlich peinlicher Auftritt, wenn die Frau dort mitten in der Tischrunde bei Simon Jesus salbt. Es duftet weithin nach einer Intimität, die nicht in die Öffentlichkeit gehört. Die Leute sind wegen der Frau und ihrer offenkundigen Werbung und Liebeserklärung zu Jesus peinlich berührt.
Und wenn etwas peinlich ist, ja, dann reden wir ganz schnell von etwas anderem. In diesem Fall greifen dieLeute zu dem naheliegenden Thema, das nicht riecht: nämlich Geld.
„Wozu verschwendet sie das Salböl?Das Salböl war über 300 Silberstücke wert. Man hätte es verkaufen und das Geld den Armen geben können.“
Aber Jesus antwortet: „Es wird immer Arme bei euch geben.“ Der erste Schritt gegen soziales Unrecht, das wir jederzeit sehen, erfahren, erkennen können, ist der Griff in die eigene Tasche oder Geldbörse. Der ist jederzeit möglich. Und häufig genug übersehen, vergessen wir das. Da lassen wir uns häufig genug ablenken. Man muss schon tun, was zu tun ist. Aber das kann man immerhin jederzeit nachholen.
Wir übersehen jedoch nicht nur immer wieder die Notwendigkeit zu helfen, wo Hilfe an der Tagesordnung ist. Wir übersehen auch immer wieder zu lieben, wo Liebe an der Tagesordnung ist. Da lassen wir häufig genug die richtige Gelegenheit verstreichen. Und oft genug ist es dann zu spät, haben wir die letzte Gelegenheit verpasst.
„Es wird immer Arme bei euch geben,und ihr könnt ihnen helfen, wann immer ihr wollt.“, sagt Jesus.„Aber mich habt ihr nicht für immer bei euch.“
Dies hat die Frau verstanden, und dies veranlasst sie zu ihrem Handeln. Etwas muss getan werden. Hier und jetzt. Koste es, was es wolle. Die Tat der Liebe kann nicht auf eine andere Gelegenheit warten oder in kaltes Bargeld umgetauscht werden.
Der Glaube der Frau duftet. Nach Nardenöl. Nach Liebe und Hingabe.
Die anderen – die Männer rund um den Tisch – denken eifrig darüber nach, was die Frau hätte tun sollen und können.
Und Jesus antwortet und verteidigt ihren Glauben:
„Die Frau hat getan, was sie konnte.“
Und der Glaube soll weder weniger noch mehr als dies tun. Das ist alles. Und es ist genug.
„Auf der ganzen Welt wird man die Gute Nachricht von mir verkünden. Dann wird man auch erzählen, was sie getan hat. So wird man sich immer an sie erinnern.“
So beendet Jesus die Diskussion, und damit zeigt er plötzlich auf uns, die wir heute hier die Geschichte wieder hören. Auf sonderbare Weise werden wir durch diesen Satz in das Evangelium hineingenommen. Und die Frau, die anonyme Frau, von der wir im Markusevangelium weder vorher oder nachher etwas hören, wird plötzlich neben uns gesetzt – als ein zu allen Zeiten gültiges Bild dessen, was der Glaube ist, und was er tut.
„Sie hat getan, was sie konnte,“ – das ist es, was man zu ihrem Gedächtnis sagen soll. Nicht große, wunderbare und phantastische Taten, – ihre Tat ändert gar nichts. Sie bewirkt kein Wunder und sie verhindert nichts. Aber der Frau soll um des einen Willen gedacht werden: dass sie treu war – dass sie tat, was sie tun konnte.
Heute ist Palmarum. Die stille Woche mit ihrem Leiden, Verrat, Leugnung und Tod beginnt heute. Jesus ist auf dem Weg zum Grab. Nichts kann das verhindern. Von jetzt an breitet sich die Finsternis aus, um am Samstag alles einzuhüllen, an dem merkwürdigsten Tag des ganzen Kirchenjahres, an dem Jesus weg ist, tot und begraben, niedergefahren in die Finsternis und in das Grauen des Totenreichs und der Hölle. – Deshalb reden wir von Karsamstag, nicht etwa von Ostersamstag. Das würde den Tag schon in das Licht tauchen, das er nicht bietet. Er ist der Tag der Finsternis…
Aber vor all dem Furchtbaren – vor dieser großen Finsternis – tut die Frau, was sie kann. Sie kann Leiden und Tod nicht verhindern, aber sie kann die Taten der Liebe tun.
Die Frau, die tut, was sie kann, als sie Jesus salbt und ihm ihre Liebe und Hingabe zeigt, – sie kommt den Frauen zuvor, die nächsten Sonntag, am Ostermorgen, zum Grab gehen, um Jesu Leiche zu salben.
Auch die Frauen haben getan, was sie konnten. Nach aller Grausamkeit, Demütigung und Leiden herrscht das Schweigen des Todes. Und sie haben getan, was sie konnten: Sie haben den Toten in ein Tuch gewickelt und ihn begraben. Sie haben an der Liebe und Fürsorge für den Toten festgehalten. Am Ostermorgen sind sie unterwegs zu dem Grab mit ihren Ölkrügen, um die letzte Liebestat an ihm zu tun. Aber da ist keine Leiche zu salben.
Denn Gott hat auch getan, was er kann.
Jesus konnte nicht im Grab gehalten werden. Er konnte nicht weggesteckt und vergessen werden. Die Geschichte von Jesus geht noch immer um und hat Gültigkeit. Denn die Liebe, mit der er liebte – die Liebe, die sich selbst hingab, koste es, was es wolle – die Liebe Jesu war stärker als der Tod. Und deshalb gedenken wir auch immer noch der Frau und ihrer Liebestat.
Wie riecht Glaube?
Jedenfalls nicht muffig und alt geworden. Jedenfalls nicht steril und wie gescheuert und schön, korrekt. Denn der Glaube ist Glaube an ihn, der sich selbst hingegeben hat, koste es, was es wolle, und der Grenzen, Gesetze, Höllentore und Gräber gesprengt hat, damit zu sehen, zu hören, zu schmecken und zu riechen war, dass Gott so ist und dass Gott so handelt.
Wie riecht also der Glaube? Vielleicht wie ein Frühlingsmorgen, an dem der Duft von Blumen, regennasser Erde und von der leisen Spur von Salz, den der Wind vom Meer mitbringt, einen die Luft verschwenderisch genießen lässt, und man es nicht für sich behalten kann, sondern es dem nächsten Menschen, dem man begegnet, sagen muss: "Mmmh, kannst du es riechen? Jetzt kommt der Frühling."
Amen.
Herr, stärke mich, dein Leiden zu bedenken,
mich in das Meer der Liebe zu versenken,
die dich bewog, von aller Schuld des Bösen uns zu erlösen.
Gott ist gerecht, ein Rächer alles Bösen;
Gott ist die Lieb und lässt die Welt erlösen.
Dies kann mein Geist mit Schrecken und Entzücken
am Kreuz erblicken.
Seh ich dein Kreuz den Klugen dieser Erden
ein Ärgernis und eine Torheit werden:
so sei’s doch mir, trotz allen frechen Spottes, die Weisheit Gottes.
Es schlägt den Stolz und mein Verdienst darnieder,
es stürzt mich tief, und es erhebt mich wieder,
lehrt mich mein Glück, macht mich aus Gottes Feinde
zu Gottes Freunde.
Christian Fürchtegott Gellert
Guter Gott,wir bringen vor dich,
was uns und andere Menschen belastet.
Da ist Schuld.
Da sind Sorgen.
Gerade angesichts dessen, was die Pandemie uns abverlangt.
Da ist Krankheit.
Da ist Tod.
Selbst strahlende Frühlingstage haben ihre Last,
wenn wir uns fragen, wie es weitergehen wird.
Aber manche Last wird auch überbewertet.
An vielen Stellen klagen wir auf hohem Niveau,
wenn wir auf die Lasten anderer Menschen auf dieser Welt denken.
Lass uns gerade in dieser Woche auf den sehen,
der eine schwere Last getragen hat.
Lass uns mit ihm durch die Woche gehen, die vor uns liegt.
Und lass uns nicht vergessen,
dass nach Karfreitag und Karsamstag Ostern kommt.
Lass uns nie die Hoffnung verlieren.
Für uns und für alle Menschen. Amen.
Vater unser im Himmel.
Geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit
in Ewigkeit. Amen.
Gott segne uns und behüte uns.
Gott lasse sein Angesicht leuchten über uns und sei uns gnädig.
Gott erhebe dein Angesicht auf uns und gebe uns Frieden.
Amen.